In einem für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereich kann ein Vertragsarzt, der seine Praxis veräußern möchte, seinen Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung ausschreiben lassen.

In einem ersten Schritt entscheidet der Zulassungsausschuss darüber, ob überhaupt ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt wird oder ob der Sitz einbehalten wird und der Vertragsarzt von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eine Abfindung in Höhe des Verkehrswertes der Praxis erhält.

Entscheidet der Zulassungsausschuss zugunsten einer Nachbesetzung, wird der Sitz in einem zweiten Schritt durch die KV ausgeschrieben. Jeder interessierte Arzt kann sich darauf bewerben. Der Zulassungsausschuss hat unter allen Bewerbern ein Auswahlermessen. Hierbei hat der Zulassungsausschuss folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. die berufliche Eignung,
  2. das Approbationsalter,
  3. die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
  4. eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem unterversorgten Gebiet,
  5. ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
  6. ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
  7. ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
  8. Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung.

Ob der Praxisabgeber dagegen bereits einen Wunschnachfolger hat und mit diesem bereits einen Praxiskaufvertrag abgeschlossen hat, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die wirtschaftlichen Interessen des Praxisabgebers sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt.

Für den abgebenden Arzt kann sich daher die Situation ergeben, dass in der Sitzung des Zulassungsausschusses ein anderer Bewerber als sein Wunschnachfolger durch den Zulassungsausschuss ausgewählt wird, der gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärt, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswertes der Praxis bezahlen zu wollen, der mit dem Praxisabgeber jedoch keinen schriftlichen Kaufvertrag abgeschlossen hat.

Es kann sich auch die Situation ergeben, dass zwar der Wunschnachfolger ausgewählt wird, mit dem der abgebende Arzt einen Praxiskaufvertrag abgeschlossen hat, dieser den Kaufvertrag jedoch im Nachhinein anficht und sich daran nicht mehr gebunden fühlt.

In beiden Fällen musste der Praxisabgeber vor dem Zulassungsausschuss bereits wirksam auf seine Zulassung verzichten, so dass er keine Möglichkeit mehr hat, seine Zulassung selbst zu behalten und die Praxis selbst fortzuführen. In beiden Fällen ist er auf den Zivilrechtsweg verwiesen und muss mit dem vom Zulassungsausschuss ausgewählten Nachfolger vor den Zivilgerichten seinen Kaufpreisanspruch klären.

Vor diesem Hintergrund sollten sich Ärzte, die planen, ihre Praxen in gesperrten Planungsbereichen zu veräußern, bereits im Vorfeld anwaltlich über alternative Gestaltungsmöglichkeiten informieren, bevor sie wirksam und unumkehrbar auf ihre Vertragsarztzulassungen verzichten.

Quelle: vgl. Sozialgericht Marburg, Beschluss vom 23.12.2015, Az: S 12 KA 815/15 ER

Praxisnachfolge: Keine Bindung des Zulassungsausschusses an einen wirksam abgeschlossenen Praxiskaufvertrag