Die nach § 5 Abs 4 der Qualitätssicherungs-Vereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren nach § 135 Abs 2 SGB V verpflichtende Dialyse-Rufbereitschaft schließt grundsätzlich eine Teilnahme am Allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht aus, hat das Sozialgericht (SG) München entschieden.
Der Ärztliche Bereitschaftsdienst ist immanenter Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V übernimmt der Vertragsarzt auch die Verpflichtung, am Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Es handelt sich also um keine neuen Pflichten und keine nachträgliche Erweiterung des Pflichtenkreises. Dies macht deutlich, dass an eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst hohe Anforderungen zu stellen sind. Dabei sind selbst über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse, die mit der Teilnahme am Bereitschaftsdienst verbunden sind, hinzunehmen und führen nicht zu einem unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz. Liegen allerdings solche schwerwiegenden Gründe vor, die über die Grenze der Zumutbarkeit hinausgehen, kann grundsätzlich eine Befreiung vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst in Betracht kommen.
Das Gericht räumt ein, dass die geschilderten Tätigkeiten, vor allem die nach § 5 Abs. 4 der Qualitätssicherungs-Vereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren nach § 135 Abs. 2 SGB V verpflichtende Dialyse-Rufbereitschaft für die behandelten Dialysepatienten (150-200) im Umfang von 1.592,5 Stunden/Jahr pro Arzt, aber auch die Behandlung von vielen Diabetes-Patienten (2.000) auch schwereren Grades, die Versorgung von Patienten sowohl in der Hauptpraxis, als auch in den beiden Filialen und die Kooperation mit den Krankenhäusern in C-Stadt und D-Stadt mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung auch des einzelnen Arztes der Berufsausübungsgemeinschaft verbunden ist. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der BAG vier Ärzte angehören, für die Dialyse-Rufbereitschaft immer nur ein Arzt zur Verfügung stehen muss und hierfür nicht ständig alle Mitglieder der BAG präsent sein müssen. Außerdem hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, warum es nicht möglich ist, während den Zeiten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes die Versorgung der Dialysepatienten durch andere Mitglieder der BAG sicherzustellen. Hinzu kommt, dass die Dienstfrequenz und damit einhergehend die Dienstbelastung nach der hälftigen Befreiung vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst gering ist, wie sich aus der Dienstplaneinteilung für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 07.01.2021 ergibt (Heranziehung des Klägers an drei Tagen mit insgesamt ca. 23 Stunden). Diese Einteilung zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst ist dem Kläger überdies geraume Zeit vorher bekannt und kann rechtzeitig mit den Zeiten für die Dialyse-Rufbereitschaft organisatorisch so abgestimmt werden, dass es zu keiner Kollision der Dialyse-Rufbereitschaft mit der Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst kommt.
Quelle: SG München, Urteil vom 25.11.2020, Az: S 38 KA 331/19