Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden, so der Bundesgerichtshof anlässlich eines Krankenhaushaftungsfalls wegen eines Geburtsschadens.

Dies gelte in besonderem Maße für Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung veröffentlicht worden seien. Leitlinien können daher in einem Arzthaftungsprozess kein Sachverständigengutachten ersetzen. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erlasses beschreiben; sie können aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten.

Entsprechendes gelte für Handlungsanweisungen in klinischen Leitfäden oder Lehrbüchern.

(Zahn-)Ärzte dürfen sich daher nicht auf die Einhaltung von Leitlinien verlassen, sondern müssen stets selbst die aktuellen Entwicklungen ihres Fachgebietes beobachten, um feststellen zu können, wann ein Abweichen von bestehenden Leitlinien zur Gewährleistung des erforderlichen medizinischen Facharztstandards erforderlich wird.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2014, Az: IV ZR 382/12

Arzthaftung: Beweiswert von Leitlinien ärztlicher Fachgremien für die Bestimmung des medizinischen Standards