Die vom Bundesgerichtshof (BGH) zum sog. Schockschaden entwickelten Grundsätze sind auch in dem Fall anzuwenden, in dem das haftungsbegründende Ereignis kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung ist. Es sei nicht erkennbar, warum derjenige, der eine psychische Schädigung von Krankheitswert infolge einer behandlungsfehlerbedingten Schädigung eines Angehörigen erleide, anders zu behandeln sei als derjenige, der die psychische Gesundheitsverletzung infolge einer auf einem Unfallereignis beruhenden Schädigung des Angehörigen erleide, so der BGH.

Allerdings begründen seelische Erschütterungen wie Trauer oder seelischer Schmerz, denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, nur dann eine Gesundheitsverletzung, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind.

Im entschiedenen Fall hatte sich ein Patient in einem Krankenhaus einer Koloskopie mit Polypektomie unterzogen und dabei eine Darmperforation sowie nachfolgend eine Bauchfellentzündung erlitten. Zumindest die Nachbehandlung war behandlungsfehlerhaft erfolgt. Während sich der Patient mit dem Haftpflichtversicherer der Beklagten auf eine Abfindungszahlung in Höhe von 90.000 € einigte, klagte die Ehefrau des Betroffenen wegen massiver psychischer Beeinträchtigungen in Form eines depressiven Syndroms mit ausgeprägten psychosomatischen Beschwerden und Angstzuständen auf materiellen und immateriellen Schadensersatz.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.05.2019, Az: VI ZR 299/17

Klinik haftet für „Schockschäden“ von Angehörigen