Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat sich mit der Nachbesetzung von Arztstellen in MVZ binnen 6 Monaten im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kritisch auseinandergesetzt.
Das BSG hatte folgende Grundsätze aufgestellt:
- Eine „Nach“besetzung setze dem Wortsinn nach voraus, dass die Anstellung sich umfangmäßig im Rahmen der bisherigen Besetzung halten müsse, d.h. sie dürfe deren Umfang nicht überschreiten.
- Das Tätigkeitsspektrum des neuen Angestellten müsse dem des vorigen im Wesentlichen entsprechen.
- Aus Gründen der sachgerechten Bedarfsplanung sowie der realitätsnahen Berechnung des Versorgungsgrades könne die Nachbesetzung nicht beliebig hinausgezögert werden sondern müsse i.d.R. binnen 6 Monaten erfolgen.
- Der Nachbesetzungsantrag müsse dem Zulassungsausschuss binnen dieser Frist in vollständiger Form zugegangen sein und auch alle materiellen Voraussetzungen erfüllen.
- Die Fristwahrung setze ferner voraus, dass es sich um einen „echten“ Antrag handele und der als Nachfolger benannte Arzt ernstlich an der Stelle interessiert sei.
- Werde die 6-Monats-Frist nicht eingehalten, erlösche das Recht auf Nachbesetzung.
- Dem Zulassungsausschuss stehe jedoch die Befugnis zu, die Frist in besonderen Fällen des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzbarkeit trotz erkennbar ernstlichen Bemühens nochmals um höchstens weitere 6 Monate zu verlängern.
Das LSG hat in seinem Beschluss hervorgehoben, dass dem MVZ ein Recht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (Eigentumsrecht) an der Arztstelle zustehe und die Beschränkung dieses Eigentumsrechts durch das Erfordernis der 6-Monats-Frist zur Nachbesetzung, die nicht im Gesetz steht sondern durch das Bundessozialgericht entwickelt wurde, berührt wird.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird empfohlen, Nachbesetzungsanträge grundsätzlich innerhalb der 6-Monats-Frist zu stellen. Sollte das nicht möglich sein, sollte zumindest der Antrag auf Verlängerung dieser Frist um weitere 6 Monate innerhalb der 6-Monats-Frist gestellt werden.
Sollte auch dies nicht möglich sein oder die Nachbesetzung auch innerhalb der verlängerten Frist trotz ernsthaften Bemühens nicht gelingen, gibt es vor dem Hintergrund des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz gute Gründe, die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anzuzweifeln und eine Nachbesetzung dennoch zu erreichen.
Damit der Sitz nicht während der Dauer des Rechtsstreits über die Nachbesetzung endgültig verfällt (und damit ein nur aus 2 Fachrichtungen bestehendes MVZ auch seinen Zulassungsstatus verliert), kann die vorübergehende Nachbesetzung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens auch im Wege des Eilrechtschutzes erreicht werden.
Quelle: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.03.2013, Az: L 11 KA 96/12 B ER