In einem Eilverfahren, in dem ein Hausarzt sich gegen einen Honorarregress von mehr als 250.000 € wegen Zeitprofilüberschreitungen gewandt hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen folgendes ausgeführt:

Ein Anlass für eine Überprüfung der Honorarabrechnung liege vor, wenn die auf der Grundlage der Prüfzeiten ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als zwölf Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden betrage.

Zunächst dürfen für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die sein Tätigwerden selbst voraussetzen, so das LSG. Delegationsfähige Leistungen bleiben außer Betracht. Zu berücksichtigen sei weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspreche es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handele, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden könne. Die Durchschnittszeit stelle sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar.

Seien Tagesprofile unter Beachtung dieser Kriterien erstellt worden, sei es rechtlich unbedenklich, aus ihnen bei entsprechenden Ergebnissen im Wege des Indizienbeweises auf die Abrechnung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen durch einen Arzt zu schließen, so das LSG. Ergebe sich in einem Tagesprofil eine tägliche Gesamtarbeitszeit, die der Arzt unmöglich geleistet haben könne, so sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, er könne nicht alle abgerechneten Leistungen vollständig erbracht haben. Da nicht bzw. nicht in vollem Umfang erbrachte Leistungen nicht berechnungsfähig sind, können sie im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung gestrichen werden.

Derartige Honorarrückforderungsbescheide können inhaltlich auf zweierlei Weisen angegriffen werden: Zum einen sind die zugrunde gelegten Prüfzeiten zu überprüfen. Zum anderen kann der betroffene Arzt darlegen, dass er aufgrund seiner speziellen Erfahrung, die über den Fachgruppendurchschnitt hinausgeht, kürzere Behandlungszeiten hat und daher die Zeitprofile auf ihn nicht anwendbar sind. Die Beweislast liegt dabei bei ihm.

Da die Klageerhebung gegen einen Honorarregress keine aufschiebende Wirkung hat und der Regressbetrag daher sofort bezahlt werden muss bzw. von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) von den nächsten Quartalszahlungen einbehalten wird, ist es sinnvoll, schon im Verwaltungsverfahren anwaltliche Hilfe einzuschalten.

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.01.2018, Az: L 11 KA 39/17 B ER

Honorarregress nach Zeitprofilprüfung