Wird im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Zahnärzten mit der Methode der statistischen Vergleichsprüfung vorgegangen, d. h. wird der Aufwand des geprüften Zahnarztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der übrigen Zahnärzte verglichen, spricht bei einem offensichtlichen Missverhältnis der Anscheinsbeweis für die Unwirtschaftlichkeit. Dieser Anscheinsbeweis kann u. a. durch den Nachweis von Praxisbesonderheiten entkräftet werden, die der Zahnarzt im Einzelnen darzulegen und zu beweisen hat.

Praxisbesonderheiten sind Umstände, die aus der Patientenstruktur herrühren und nicht arztbezogen sind. Umstände, die sich ausschließlich auf den Zahnarzt, seine Ausbildung oder seine Praxisausstattung beziehen, gehören grundsätzlich nicht dazu. Entscheidend für das Vorliegen von Praxisbesonderheiten ist, welche Leistungen die zu behandelnde Krankheit erforderlich macht; maßgeblich ist damit die Morbiditätsstruktur der Patienten des betroffenen Zahnarztes.

Das Hessische Landessozialgericht hatte einen Fall zu beurteilen, in dem ein Zahnarzt als Praxisbesonderheiten den Einsatz eines Kariesdiagnosegerätes auf Laserbasis, die systematische PAR-Behandlung, die konservierende Zahnbehandlung sowie die prothetische Zahnbehandlung angegeben hatte. Nichts davon hat das Hessische Landessozialgericht als Praxisbesonderheit anerkannt. Nach Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts hätte der Zahnarzt viel ausführlicher darlegen müssen, wie hoch der Anteil der einen Mehraufwand begründenden Patienten im Verhältnis zur Vergleichsgruppe sei und wie die herangezogenen äußeren Umstände der Lage der Zahnarztpraxis im Innenstadtbereich in der Nähe von mehreren Banken sich im konkreten Behandlungsfall auf den Behandlungsbedarf in seiner Praxis auswirkten.

Den Zahnarzt selbst treffe diesbezüglich die Darlegungslast. Die Amtsermittlungspflicht der Prüfgremien ende dort, wo Tatsachen beurteilungsrelevant werden, die mit den individuellen Praxisgegebenheiten zusammenhingen. Die Prüforgane müssten nicht in die Praxis hinein ermitteln.

Wegen des den Prüfgremien zustehenden Ermessensspielraums, aber auch wegen der gesamten Struktur des Verfahrens zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungserbringung, kann dieser Vortrag nur im Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses erfolgen und im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden.

Vor diesem Hintergrund sind das Ausgangs- und Widerspruchsverfahren vor den Prüfgremien der KZV besonders wichtig. Sachvortrag, der hier vergessen wurde, kann später nicht mehr nachgeholt werden. (Zahn)Ärzte sollten sich daher von vorne herein sachkundig beraten lassen, wenn eine Anhörung der Prüfgremien in einem Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren erfolgt.

 

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 09.01.2012, Az: L 4 KA 42/09

Nachweis von Praxisbesonderheiten bei Zahnärzten