Für einige Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) scheint die Frage, wer bei einer MVZ-GmbH die Bürgschaft für Forderungen der KVen und Krankenkassen abgeben muss, immer noch nicht abschließend geklärt zu sein. Ist die Bürgschaft von den direkten Gesellschaftern abzugeben, auch wenn es sich bei diesen wiederum um Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) handelt, oder muss bei einer Kette von zwischengeschalteten Unternehmen die erste natürliche Person die Bürgschaft abgeben, so dass die KVen und Krankenkassen auf das Vermögen einer Privatperson zugreifen können?

Letzteres vertrat die KV Nordrhein mit dem Argument, dass Sinn und Zweck des gesetzlichen Bürgschaftserfordernisses sei, dass die KVen und Krankenkassen zum Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche absichern könnten. Nach der Gesetzesbegründung solle diese Regelung kooperative Versorgungsformen, die in der Rechtsform einer GmbH organisiert seien, haftungsrechtlich den als Personengemeinschaft organisierten kooperativen Versorgungsformen (Gemeinschaftspraxis, MVZ in der Freiberuflervariante) in einem wichtigen Bereich gleichstellen. Vertragsärzte, die als Einzelperson (Einzelpraxis) oder Gesamthand (Berufsausübungsgemeinschaft) in vertragsarztrechtlichen Beziehungen zu einer KV und zu Krankenkassen stünden, hafteten mit ihrem Privatvermögen. Diese Haftungserstreckung müsse zum Schutz der Gemeinschaft der anderen in der KV durch Pflichtmitgliedschaft organisierten vertragsärztlichen Leistungserbringer und zum Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten auch für Rechtsansprüche von KVen und Krankenkassen gelten. So kämen z.B. für KVen Rückforderungsansprüche aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Ansprüche wegen möglicherweise erst nach Auflösung des MVZ entdeckter Falschabrechnung und für Krankenkassen Schadensersatzansprüche aufgrund eines möglicherweise auch erst nach Auflösung des MVZ festgestellten sonstigen Schadens in Betracht. Da sich die KVen und die Krankenkassen wegen derartiger Forderungen nicht anderweitig absichern könnten, bestimme die Bürgschaftsregelung, dass die Gesellschafter als Zulassungsvoraussetzung selbstschuldnerische Bürgschaften abzugeben hätten. Vorliegend seien die ursprünglichen Bürgschaftserklärungen durch eine Bürgschaftserklärung einer GmbH ersetzt worden, die mit einem Kapital von 25.000,00 EUR ausgestattet sei. Eine solche Bürgschaftserklärung könne nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht ausreichen. Vor dem Hintergrund einer ausreichenden Sicherung stelle sich die Frage, wer Gesellschafter der nunmehr auftretenden GmbH sei. Dem gesetzlich angestrebten Sicherungszweck könne nicht durch Zwischenschaltung weiterer GmbHs als Gesellschafter entgegengewirkt werden.

Dieser Auffassung ist das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen jedoch nicht gefolgt. Es hat sich auf den klaren Wortlaut des § 95 Abs. 2 S. 6 Sozialgesetzbuch V (SGB V) berufen und geurteilt, dass bürgschaftspflichtig bei einer MVZ-GmbH deren direkter Gesellschafter sei, auch wenn dies selbst wiederum eine juristische Person des Privatrechts mit beschränkter Haftung sei.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen. Das Verfahren ist beim BSG unter dem Az: B 6 KA 36/13 R anhängig, so dass das Urteil des LSG noch nicht rechtskräftig geworden ist.

 

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.2013, Az: L 11 KA 45/12

Bürgschaftserfordernis bei MVZ-GmbHs: Abgabe durch Muttergesellschaft oder durch natürliche Person?