Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein hat entschieden, dass ein Arzt auch dann berufsrechtswidrig handelt, wenn er einem Patienten ungefragt nicht nur einen Hilfsmittelerbringer, sondern mehrere nennt, sofern es sich dabei nicht um alle in Betracht kommenden Anbieter handelt.

In dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall hatte ein HNO-Arzt einem schwerhörigen Testpatienten beide Hörgeräteakustiker genannt, die in der Stadt des HNO-Arztes ansässig waren und dem Patienten die Auswahl überlassen. Er hatte den Patienten zuvor gefragt, ob er einen Hörgeräteakustiker kenne. Dies hatte der Patient verneint, hatte den HNO-Arzt jedoch nicht ausdrücklich um eine Empfehlung gebeten.

In einem solchen Fall wäre der HNO-Arzt nach Auffassung des OLG nur berechtigt gewesen, alle für den Patienten in Betracht kommenden Hörgeräteakustiker zu benennen und dem Patienten die Auswahl unter diesen zu überlassen. Für den Patienten kommen alle diejenigen Anbieter in Betracht, die in seinem Lebenskreis, z. B. seinem Wohnort oder seinem Arbeitsort, etc., tätig werden.

Der Einwand des Arztes, er könne nicht bei jedem Patienten erfragen, welcher räumliche Kreis für ihn relevant sei und alle dortigen Hörgeräteakustiker kennen und benennen, war für das OLG unerheblich. Das OLG ist der Auffassung, dass sich der Arzt jeglicher Hinweise auf Hilfsmittelerbringer zu enthalten habe, wenn er keine weitergehenden Erkenntnisse über die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Patienten habe.

Die räumliche Nähe alleine und damit die größere Bequemlichkeit eines bestimmten Versorgungsweges reichen nach Auffassung des OLG nicht für eine Verweisung aus. Nur im Ausnahmefall, z. B. bei gehbehinderten Patienten, könne die örtliche Nähe einen hinreichenden Grund für eine Verweisung darstellen.

Darauf hinzuweisen ist, dass derartige Berufsrechtsverstöße nicht nur durch berufsgerichtliche Verfahren seitens der Ärztekammern, sondern auch wettbewerbsrechtlich und vertragsarztrechtlich im Wege eines Disziplinarverfahrens geahndet werden können.

Quelle: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.01.2013, Az: 6 U 16/11

Ungefragte Verweisung eines (Zahn-)Arztes an Hilfsmittelerbringer ist auch dann unzulässig, wenn mehrere Anbieter genannt werden und dem Patienten die Auswahl überlassen wird